Die Corona-Pandemie wirbelt derzeit den Alltag von Milliarden Menschen durcheinander. Eine für uns Marketingtreibende grundlegende Frage dabei ist: Wie werden sich die massiven Einschränkungen mittel- bis langfristig auf unser Leben, auf unseren Konsum und auf unsere Wertevorstellungen auswirken?
Unsere Welt verändert sich. Grundsätzlich ist das nichts Neues oder Ungewöhnliches. Wir sind mittlerweile daran gewöhnt, dass sich Dinge sehr schnell verändern können. Doch während Veränderung heutzutage in der Regel dem Zweck des wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Fortschritts dient, zwingt uns die Corona-Krise zunächst zum genauen Gegenteil – zu einem Stillstand.
Wir waren auf ein solches Szenario nicht vorbereitet, die Pandemie hat uns kalt erwischt. Dabei gab es schon zuhauf Literatur, Hollywood Filme und auch Bill Gates, die uns vor einem solchen gewarnt haben. Der – aktuell übrigens wieder sehr gefragte – Thriller Contagion von Steven Soderbergh aus dem Jahr 2011 z.B., beschäftigt sich sehr eindrücklich mit den Folgen einer weltweiten Pandemie für die Weltbevölkerung. Aus einer als Weckruf gedachten Simulation ist nun Realität geworden, mit gravierenden Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft.
(Filmsequenz aus Contagion von Steven Soderbergh)
Nach einem wochenlangen Shutdown sind inzwischen die ersten Lockerungsmassnahmen in Kraft getreten, und es werden immer mehr Stimmen laut, die eine Rückkehr zur Normalität fordern. Auch wenn es dafür noch zu früh sein mag, sollten wir dennoch jetzt über die Zeit nach Corona nachdenken. Auf welche Veränderungen müssen wir uns einstellen?
Wie sieht die Marken-Zukunft nach Corona aus?
Wie die Marketing-Welt in ein paar Wochen oder Monaten aussehen wird, kann derzeit niemand wirklich abschätzen. Zumal sich aufgrund der Krise auch das Verbraucherverhalten geändert hat: Mobile Payment ist plötzlich auf dem Vormarsch, Streaming- und Online-Lebensmittellieferdienste boomen – die Nutzung von digitalen Technologien wie Chat- oder Video-Call-Tools, steigt rapide an. Doch anstatt sich über Umsatzeinbussen zu beklagen, ist es wichtig, aus den Ereignissen zu lernen und sich auf kommende Herausforderungen einzustellen. Basierend auf Beobachtungen der vergangenen Wochen habe ich hier 3 Hypothesen zur Marken-Zukunft nach Corona zusammengefasst.
1. Traditionelle Branding-Kampagnen werden einen schwereren Stand haben
Die Corona-Krise wirkte sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf viele Länder aus und beeinträchtigte das Leben der Konsumenten sowie auch die Marketing-Aktivitäten der Werbetreibenden nahezu über Nacht. Kampagnen wurden beendet, Events abgesagt und Markteinführungen verschoben. Während es Unternehmen möglich ist, digitale Kampagnen entsprechend anzupassen, ist dies bei traditionellen Kampagnen nur schwer umsetzbar – mit bereits vorproduzierter OOH-, Print- und TV-Werbung, die unverändert veröffentlicht wird und sowohl wertvolle Zeit als auch Geld verschwendet. Bis anhin war traditionelles Marketing immer noch zu einem grossen Teil besonders entscheidend für den Aufbau einer Marke. Doch die Reaktion auf das Virus zeigt deutlich, dass digitales Marketing diese Rolle mit Leichtigkeit übernehmen kann, da es günstiger ist und schneller und besser funktioniert.
These 1: Unternehmen werden zunehmend die Budgets für digitales Marketing einsetzen. Viele werden ihre digitale Präsenz erhöhen und neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln, die auf spezifische Zielgruppen online zugeschnitten sind.
2. Marken müssen tatsächlich kundenorientiert und sinnhaftig werden
Viele Konsumenten halten sich zurzeit, entweder freiwillig oder gezwungenermassen, an das sogenannte Social Distancing. Sie sind isoliert. Wahrscheinlich haben viele ein grösseres Bedürfnis nach sozialem Kontakt als normalerweise, da sie gar nicht oder nur sehr eingeschränkt das Haus verlassen können. Das zeigt sich digital: Seit dem Ausbruch des Virus hat Facebook beispielsweise einen Zuwachs von 70 Prozent für Video-Anrufe mit dem Facebook Messenger verzeichnet. Social-Media-Kanäle stellen schon immer eine gute Möglichkeit für Marken dar, sich mit Konsumenten zu verbinden. Besonders jetzt sollten Marken diese Kanäle weise für sich nutzen und ihrer Community durch die Krisenzeit helfen. Sie sollten ansprechbar sein, ihnen Unterstützung bieten und präsent sein – indem sie entweder Gutes tun oder für Unterhaltung sorgen.
Dazu zwei Beispiele von angepasster Marken-Kommunikation in Zeiten von Corona:
Nissan: Ode an leere Strassen
Penny: #erstmalzuhause
Beim Marketing geht es nicht nur um die Vermarktung und den Absatz von Produkten, sondern auch um den Aufbau einer Marke und darum, sich um seinen Kunden zu kümmern. Dies ist allein mit traditionellem Marketing nur schwer möglich. Marken müssen verstehen und auch darauf eingehen, wie sich die Bedürfnisse ihrer Kunden laufend verändern.
These 2: Die Werbekunden werden ihre Budgets für Social Media und den Aufbau von Communities erhöhen. Es wird noch mehr Geld von TV auf digitale Kanäle verlagert werden.
3. Marken müssen ihre soziale Verantwortung neu überdenken
Wenn uns das Coronavirus eines gelehrt hat, dann, dass wir alle aufeinander achten und gemeinsam zum Wohle der Gesellschaft handeln müssen. Ob wir nun im Krankenhaus an vorderster Front stehen, die Regale in den Grossverteilern auffüllen oder „Social Distancing“ praktizieren und zu Hause bleiben: wir sitzen alle im selben Boot. Jeder von uns hat eine Funktion zu erfüllen und die Verantwortung, das zu tun, was im besten Interesse der Gesellschaft ist. Auch die Werbetreibenden und Markenverantwortlichen tragen ihren Teil dazu bei. Sie befinden sich in einer besonderen Position, denn sie haben direkten Kontakt zu den Communities und Verbrauchern. Sie sollten diese Stellung nutzen, um auf die sich ändernden Bedürfnisse und Sorgen ihrer Verbraucher einzugehen und einen positiven Einfluss auf diese zu haben. Eine bekannte Schweizer Marke, die sich dieser Herausforderung gestellt hat, ist z.B. Betty Bossi. Betty Bossi hat alle Kochbücher seit 1973 kostenlos digital zugänglich gemacht. Mit der Rezept-Initiative «Betty kocht mit Dir!» unterstützt sie während des Notstandes zudem alle Menschen beim Kochen und Backen Zuhause.
Marken, die sich hingegen nicht verantwortungsbewusst verhalten, werden möglicherweise mit einer Gegenreaktion der Verbraucher rechnen müssen. In Deutschland beispielsweise wurde Adidas kritisiert, weil das Unternehmen sich in der Krise kurzfristig weigerte, Mieten zu zahlen – ein Schritt, der dem Ruf der Marke langfristig schaden könnte.
These 3: Das Verbraucherverhalten wird sich wandeln. Folglich wird es auch die Interaktion zwischen Marken und Verbrauchern verändern.
Jetzt handeln statt später reagieren
Alle drei Hypothesen sind vorstellbare Auswirkungen der Corona-Krise. Wie so oft liegt die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Es wird unterschiedliche Veränderungen in unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft geben. Denn auch wenn die Welt in bestimmten Bereichen möglicherweise weiter zusammenrücken wird, bleibt die Individualität der Menschen bestehen. Es ist möglich, dass alle beschrieben Szenarien gleichzeitig eintreten. Umso wichtiger ist es für Marken, sich jetzt strategisch darauf einzustellen, um die veränderten Wertevorstellungen der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen zu erkennen und gezielt reagieren zu können. Nach der Krise werden Marken dazu gezwungen sein, lang bekannte strategische Massnahmen wie Customer Centricity, Brand Purpose und CSR (Corporate Social Responsability) endlich effektiv umzusetzen.
Wir von Kernbrand helfen Ihnen gerne dabei.