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Neuropsychologie und Markenführung – Teil 2

17.03.2015 | 3 min Lesezeit | Autor: Christoph Ottiger

Das Unterbewusstsein spielt bei moderner Markenführung eine wichtige Rolle. In Teil 1 von «Ich denke nicht, also kaufe ich» haben wir bereits von «Imprint» und der Bedeutung von Kindheitserlebnissen berichtet. Lesen Sie hier, welche Rolle Motive, Werte und «Storytelling» haben.

 

Soll sich ein Konsument bei der Markenkommunikation angesprochen fühlen, muss sie ihm Signale aus seiner Kindheit vermitteln. Diese Signale können über verschiedene Kanäle transportiert werden. Ein solcher Kanal läuft über Motive. Diese Motive können in vier Hauptkategorien einsortiert werden: «Ordnung und Sicherheit», «Dominanz und Macht», «Freiheit und Unabhängigkeit» sowie «Solidarität und Zugehörigkeit». Erkennt der Konsument diese Kategorien, man könnte sie wohl auch «Werte» nennen, in einer Marke, nimmt er die entsprechende Marke positiv wahr.

Ein weiterer Weg, Marken beim Konsumenten positiv zu verankern, ist der über Codes. Ein sehr wirksamer Code ist der über sensorische Erlebnisse: Farben Formen, Klänge, die wir als angenehm und vertraut empfinden. Ein zweiter starker Code ist die Arbeit mit Symbolen: Hierzu zählen Heldenfiguren, besondere Schauplätze …, die Trost, Ermutigung, Geborgenheit und vieles mehr für uns verkörpern. Zu guter Letzt dienen Geschichten dazu, Marken sympathisch, erstrebenswert und besonders zu empfinden: Geschichten, die uns Gutes, Schönes und Aussergewöhnliches versprechen. Geschichten in Form des Storytelling zu vermitteln, ist allbekannt. Fehlt eine echte Story, die man erzählen könnte, kann man sich noch immer der Fiktion bedienen: über Inszenierung, Ritualisierung oder Mystifizierung.

Welchen Weg man auch einschlägt: Alle Wege haben eines gemein: Sie vermitteln Gefühlswelten. Und wie diese Gefühlswelten bei jedem Einzelnen ankommen, liegt an den individuellen frühkindlichen Erfahrungen. Es geht um nichts anderes, als die positiven Imprints zu aktivieren.

Kongruenz von Text und Bild
Doch selbst dann, wenn die positive Aktivierung der Imprints gelungen ist, bedeutet das noch nicht, dass die Marke erfolgreich wird. Der Kunde erkennt – oder besser: erspürt – mit Hilfe seines Autopiloten sehr rasch, ob er manipuliert werden soll. Etwa durch Werturteile, Klischees oder überzogene Testimonials. Sobald das Gefühl der Fremdbestimmung erwacht, reagiert der Konsument mit Ablehnung. Bild- und Textsprache müssen daher authentisch, ehrlich und unverstellt sein, nur dann werden Marken als «echt» erlebt.

Marken, die nicht echt herüberkommen, sind schwache Marken. Und diese, das zeigten Studien mit Testpersonen, deren Gehirnströme im MRT (Magnetresonanztomografen) gemessen wurden, aktivieren die gleichen Hirnregionen, wie unbekannte Marken. Und werden als Ergebnis daraus verschmäht.

Die Einsicht: Unser Gehirn ist faul
Resümiert man all diese Erkenntnisse, kann man festhalten: Unser Gehirn ist faul. Es vermeidet, wenn möglich, anstrengende explizite Informationsverarbeitungen und handelt stets antizipativ. Eine starke Marke entlastet unser Gehirn, indem sie intuitive Entscheidungen ermöglicht. Diese Entscheidungen werden von Gehirnregionen gefällt, die in der Kindheit mit positiven Emotionen aufgeladen wurden. Marken, denen es gelingt, diese Emotionen unserer Kindheit zu wecken, werden geschätzt. Beim erwachsenen Konsumenten gilt es daher, die bestehenden langjährigen Imprints zu nutzen. Jeder Imprint unterscheidet sich von Person zu Person. Daraus ergeben sich die unterschiedlichen Zielgruppen.

Für die Markenführung der Zukunft scheint dies zu bedeuten: Markenmacher müssen sich verstärkt mit der neurologischen Herkunft ihrer Zielgruppen befassen. Das Bewusstsein für die verschiedenen impliziten Voraussetzungen der Konsumenten, ihre verschiedenen Prägungen und Selbstkonzepte spielen bei Markenführung eine bedeutende Rolle. Und doch: Die Hoffnungen auf die Möglichkeiten des Neuro-Marketings müssen realistisch bleiben. Denn das Lesen menschlicher Gedanken ist – glücklicherweise – nach wie vor nicht möglich.

Die Nivea Dose steht seit über 100 Jahren für besondere Hautpflege. Generationen vertrauen auf dieses Produkt mit gleichbleibendem positivem Gefühl.

Hier geht’s zum 1. Teil von «Neuropsychologie und Markenführung»

PDF: Mensch Marke Magazin – Neuropsychologie & Markenführung

 

Welches ist Ihre Lieblingsmarke aus der Kindheit? Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Rückmeldungen.
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Christoph Ottiger war Geschäftsführer und strategischer Berater der St.Galler Markenagentur Kernbrand. Der diplomierte PR-Spezialist und Executive Master of Science in Communications Management bewegt sich seit über 20 Jahren auf dem grossen Feld der Markenführung. Heute berät und begleitet er Kunden aus vielen unterschiedlichen Branchen bei der Positionierung und Stärkung ihrer Marken. Mehr Artikel von diesem Autor