Marke

Marc T. Tümmers im Interview über starke Marken

13.03.2015 | 5 min Lesezeit | Autor: Dorothee Haarer

«Die Macht der Marke»– ein immer wieder bemühter Begriff, in aller Munde und doch diffus. Denn worin besteht sie eigentlich, diese vielbeschworene Macht? Was sind Marken und erst recht GUTE Marken? Wie gestalten sich Mechanik und Wechselwirkungen erfolgreicher Unternehmen bei ihrer Unternehmensführung und Markenbildung? Marc T. Tümmers, CEO der Kägi Söhne AG stand uns Rede und Antwort.

Alle Welt spricht von «der Macht der Marke». Doch was ist darunter zu verstehen – oder verstehen Sie?
Ich möchte da die Macht des Konsumenten hervorheben. Noch nie war sein Angebot so gross, noch nie wurde er von so vielen Botschaften penetriert und bombardiert. Auch eine mächtige Marke schafft es nicht, sich diesem neuen Mechanismus zu entziehen. Sie begleitet aber den Konsumenten und hilft ihm, sich zu orientieren. Mächtig ist die Marke dann, wenn sie bei einem vergleichbaren funktionalen Nutzen – im Hinblick auf die Mitbewerber – einen höheren Preis generieren kann.

Was gilt für Sie persönlich resp. in Ihrer Organisation als eine gute Marke und warum?
Sie gibt Orientierung, hat eine grosse Bekanntheit, schafft Relevanz beim Konsumenten und ist differenzierend zum Wettbewerb. Eine starke Marke bietet nicht nur einen Produktnutzen, sondern hat eine Heritage. Unser Kägi fret beispielsweise ist mit sehr vielen positiven Kindheitserinnerungen verbunden. Ein positiver Resonanzraum, den es gilt, bei den erwachsenen Konsumenten wieder neu aufzuladen. Ohne Herkunft keine Zukunft.

Markenführung ist Unternehmensführung und -steuerung. Trifft diese Aussage für Sie zu? Und wenn ja, wie prägt diese Aussage Ihren Führungsalltag?
Für ein Markenartikelunternehmen auf jeden Fall. Markenführung ist keine Demokratie. Deswegen muss diese auch bei der Unternehmensführung angesiedelt sein. Lassen Sie mich mein Verständnis von Führung mit einem Formel-1-Rennen in Monte Carlo vergleichen: Tolles Ambiente, gute Stimmung, eine klares Ziel: Nach 78 Runden als erster über die Zielgerade. Die konstitutiven Elemente des Marktumfeldes: Leitplanken entlang der gesamten Strecke. Die Strategie: Aus den Stärken des Teams abgeleitet und vor dem Rennen an alle klar kommuniziert. Zielerreichung: Die Kernkompetenz durchtragen, trotzdem auf die unerwarteten Einflüsse reagieren. Der Erfolg: Gemeinsam mit dem Team jubeln.

Kernbrand plant den Markenaufbau in drei Schritten: Schritt eins erfasst den Markenkern mittels Analyse. Schritt zwei dient dem internen Markenaufbau, der die Mitarbeiter auf ihre Unternehmensmarke einschwört. In Schritt drei wir die Marke mittels gezielter Massnahmen gegen aussen hin stark gemacht. Wie finden Sie diese Vorgehensweise? Welchen Ansatz verfolgen oder empfehlen Sie?
Der Ansatz ist nicht zukunftsweisend. Die Marke ist mindestens seit dem neuen Jahrtausend immer weniger ein geschlossenes System, das sich nach aussen stark machen muss. Im Gegenteil: Marken leben immer stärker in der Interaktion mit den Konsumenten. Der Konsument will Einblicke ins Unternehmen, teilhaben an der Produktentwicklung und sorgt für die effektivste aller Kommunikation: «Word of mouth».

Die Marke als solche: Hat sie mehr einen monetären oder mehr einen psychologischen Wert? Was meinen Sie?
Man könnte es so zusammenfassen: Der psychologische Wert schafft die Präferenz gegenüber konkurrierenden Marken. Der monetäre Wert der Marke ist schlussendlich nur die Messeinheit des Abstandes zwischen zwei Marken.

Was sind für Sie (und Ihre Organisation) organisatorische Voraussetzungen für einen gelungene Markenaufbau und eine ebensolche Markenpflege?
Markenaufbau und –pflege ist wie das Pflegen eines Bonsai. Die gegebene Urform (DNA), nur vorsichtig wässern, vorsichtig düngen, immer wieder beschneiden, in Form bringen ohne Form zu ändern und trotzdem als Ganzes wachsen.

Worauf basieren Ihres Erachtens erfolgreiche Markenbildungsprozesse? Auf Marketingmassnahmen wie z.B. Inserate in Printmedien? Oder auf den Faktoren im aktuellen Tagesgeschäfts, wie etwa hochkarätige Aussendienstler? Oder auf beidem?
Auf beiden und auf keinem. Natürlich sind beide Massnahmen wichtig. Das ist aber das Denken der 80’er. Markenbildung ist allgegenwärtig. Jeder Touchpoint mit der Marke hat Wirkung beim Konsumenten. Markenbildung wird durch eigene Erfahrung und durch die Menschen im Umfeld geprägt: Klassische Kommunikationsmedien schaffen Reichweite, Aktualität und bauen Bekanntheit aus und natürlich bieten sie auch Bestätigung einer bereits getroffenen Markenpräferenz.

Wodurch lernen Zielgruppen Ihrer Meinung nach eine Marke schätzen?
Kägi fret profitiert von einer frühen Kindheitsbegegnung, die bereits markenprägend wirkt. Heute braucht unsere Zielgruppe eine freundliche Erinnerung

«Marken, die nicht beworben werden, sterben» – stimmt dieser Satz? Welche Erfahrungen haben Sie damit schon gemacht?
Es kommt darauf an. Natürlich schafft man durch klassische Kommunikation Awareness und Aktualität. Wenn aber funktional und emotional nicht die Bedürfnisse des Kunden getroffen werden, wird klassische Kommunikation auf lange Sicht einer Marke nicht helfen. Andersherum ist Relevanz beim Konsumenten auch ausserhalb klassischer Kommunikation zu erzeugen.

Sie lesen den Begriff «Marken-Energie». Können Sie damit etwas anfangen? Falls ja: Was verstehen Sie darunter?
Was es bei google nicht gibt, gibt es nicht.

Bisher war eigentlich nur von starken Marken die Rede. Doch ein Blatt kann sich auch wenden: Selbst starke Marken können schwach werden. Was muss getan werden, damit erfolgreiche Marken ihre Kraft dauerhaft behalten?
Guter Punkt. Ich könnte 30 Marken aufzählen, denen das passiert (ist). Diese Marken haben entweder die Bedürfnisse ihrer Kunden aus dem Blick verloren, ihnen fehlt Innovationskraft oder sie haben ihr Markenversprechen nicht ernst genommen. Wäre Nokia wirklich zur Irrelevanz degradiert worden, wenn sie ihren Auftrag «connecting people» ernst genommen hätten?

Zum Schluss hätten wir gerne einen Tipp von Ihnen. Stellen sie sich vor, ein Jungunternehmer kommt zu Ihnen. Er erzählt, er wolle sich und seine Geschäftsidee mit einem neuen Unternehmen auf den Markt bringen. Haben Sie aus eigenen Erfahrungen heraus einen Tipp für ihn, worauf er beim Aufbau seiner Marke achten muss?
Neben Durchsetzungskraft, Kreativität und Mut rate ich einem angehenden Unternehmer, einen guten Business Plan zu haben, der genügend Investitionen in Markenaufbau gewährleistet. Eine Marke basiert als erstes auf einem exzellenten Produkt oder einer Dienstleistung. Die Marke ist der Differentiator, der ein Preispremium generiert. Sie muss den «hot botton» des Kunden treffen. Und es gibt natürlich kein Interview zur Marke, ohne Apple zu zitieren. «Stay hungry, stay foolish». R.I.P. Steve Jobs.

Zu Person und Unternehmen

Marc T. Tümmers: CEO der Kägi Söhne AG (Lichtensteig)

Marc T. Tümmers: CEO der Kägi Söhne AG (Lichtensteig)
Nach seinem Wirtschaftsstudium an der Universität in Münster (DE) arbeitete Tümmers zunächst zwei Jahre für Dr. Oetker als Produktmanager, danach zehn Jahre für Tchibo als Chef des Kaffee-Auslandsgeschäfts. Im Anschluss daran war er zwei Jahre Mitglied der Geschäftsleitung bei Karstadt, zuletzt drei Jahre Geschäftsführer Marketing und Sales der deutschen Solarenergie-Unternehmung Q-Cells.

Zu Kägi Söhne AG:

Seit 1934 entsteht im Toggenburg am Fusse der Churfirsten eine einzigartige Verbindung von leichter knuspriger Waffel und hausgemachter, zart-schmelzender Schokolade – bis heute nach dem Originalrezept der drei Kägi-Brüder. Während Kägi kaum mehr aus dem Leben eines Schweizers wegzudenken ist, hat Kägi sich als Premium Waffelspezialität aus der Schweiz auch in vielen Märken wie Mittleren Osten und Asien einen Namen gemacht. Mit einem Auslandsanteil von über 45% wird Kägi seine Internationalisierungsstrategie weiter vorantreiben.
www.kaegi-ag.ch

PDF: Mensch Marke Magazin: Die Macht der starken Marke

 

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Dorothee Haarer hat den Master of Arts in Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten Freiburg Breisgau und Florenz abgeschlossen. Danach folgte eine Zusatz-Ausbildung zur PR-Beraterin am Deutschen Institut für Public Relations. Bei Kernbrand war sie verantwortlich für Texte und Konzepte für On- und Offline-Medien. Heute engagiert sie sich vermehrt für die Kunst-Szene. Mehr Artikel von diesem Autor